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1. Wiedtal-Ultratrail am 16.03.2013


Der Trail ist nicht genug

Sie schlummerte schon lange in uns, meinem Freund Josef und mir. Nämlich die Idee, selber einen Marathonlauf zu veranstalten. Zusätzlich zu unserem Malberglauf über 6 km und 370 Höhenmeter sollte es durch unseren schönen rheinischen Westerwald noch etwas Längeres, Fordernderes geben. Ein erster Vorstoß in diese Richtung war ein einmaliger Staffelmarathon zu unserem 40jährigen Vereinsjubiläum auf einer 2 km-Dorfrunde. Resultat: Dem Volk gefiel’s und es schrie nach Wiederholung. 2013 steht bereits die Viertauflage dieses angeblich einmaligen Ereignisses an. Des alten Goethes Zauberlehrling wußte es bereits: „Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los!“.

Wirklich zufriedenstellend hinsichtlich unserer Absicht war aber auch das nicht. Da unsere begrenzte Helferschar schon bei unserem dann zweiten jährlichen Laufangebot die aus unserer Sicht erforderliche Begeisterung vermissen ließ, mußte also eine vergleichsweise simple, aufwandarme Lösung her. Und die kam zum einen aus meiner Erfahrung mit mittlerweile zahlreichen von Brigitte und Rudolf Mahlburg organisierten Läufen sowie dem allgemeinen Trend zum Laufen abseits asphaltierter Straßen und Wege. So sollte es also ein ohne großes Tamtam zu organisierender und durchzuführender Gruppenlauf werden. Allerdings: Wenn schon, denn schon.

Schöne Laufstrecken gibt es um Waldbreitbach en masse und so folgte mit Ortskenntnis und Hirnschmalz zunächst ein ausgiebiges Kartenstudium. Heraus kam letztendlich eine Strecke von rund 65 km Länge mit etwa 2.100 Höhenmetern, deren fünf Etappen über Monate getestet und immer wieder hinsichtlich Attraktivität und Laufbarkeit optimiert wurden. Kein Punkt sollte zudem weiter als 10 km von Start und Ziel entfernt liegen und die Etappenenden bzw. –starts mit dem Auto gut erreichbar sein.

Tatsächlich hält sich der Aufwand in Grenzen und beschränkt sich im wesentlichen auf den Leitwolf(gang) und den Chef der Verpflegung, Josef, mit zwei treuen Helfern im von Stüber-Haus gesponserten Kleinbus. Streckenmarkierung fällt Dank Führung aus, die notwendige Infrastruktur stellt die Verbandsgemeinde mit ihrer Sporthalle zur Verfügung; Übernachtungen, sofern gewünscht, werden organisiert. Eine Internetseite ist fix gebastelt, die ausgeschriebenen 30 Startplätze für Ultras sind sechs Wochen vor dem Termin vergeben, leider müssen wir trotz leichter Erhöhung des Kontingents auf 35 einige Interessenten schweren Herzens abweisen. Aber wir wollen uns beim ersten Mal nicht überheben und lieber etwas kleinere Brötchen backen. Für 30 € bieten wir den geführten Lauf, viermal Strecken- und die Zielverpflegung, Urkunde, Funktionsshirt und ein gemeinsames Nudelbuffet in einem Waldbreitbacher Hotel im Anschluß an den Lauf.

Um 7 Uhr treffen sich letztlich 35 Ultras aus einem Umkreis von über 250 km, da hat sich u. a. das Posting im DUV-Forum doch gelohnt. Einige Etappenläufer begleiten uns direkt bzw. werden auf der Strecke noch zu uns stoßen. Eine alters- und leistungsmäßig höchst heterogene Gruppe macht sich um 7.30 Uhr bei strahlendem Sonnenschein und nach einer kurzen Ansprache des Verbandsbürgermeisters, der uns seine Reverenz erweist, auf den Weg. Der wirklich üble Wintereinbruch von Anfang der Woche hat sich etwas berappelt, Schnee liegt, zumindest an den Nordhängen, noch reichlich, kalt ist es auch, aber es regnet nicht. Der gute-Laune-Killer Nr. 1 verschont uns also. Mein Freund Markus Pitz schildert nachfolgend die einzelnen Etappen:

1. Etappe

„Der Lauf wird insgesamt in 5 Etappen gelaufen. Wer sich die gesamte Strecke nicht zutraut, kann sich auch einzelne Teilstücke aussuchen. Wer aber meint, dass dies reizvoller wäre, der irrt, denn den 35 gemeldeten Startern über die gesamte Distanz stehen lediglich 10 Etappenläufer gegenüber. Damit ist die erste Auflage des WUT bei den Läufern über die gesamte Distanz ausgebucht und das bereits seit sechs Wochen.
 

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Der Weg führt uns nach wenigen Metern bereits über die Wied und anschließend nach links direkt auf den Ort Hausen (Wied), den Startort des jährlich Anfang August durchgeführten Malberglaufs (6 km, 370 HM), der „Kultveranstaltung“ des von Wolfgang geführten ausrichtenden VfL Waldbreitbach zu. Noch laufen wir im Schatten, aber bereits jetzt sind die umliegenden Bergspitzen und Kammhöhen in goldenes Sonnenlicht getaucht. Es dauert nicht lange, da können wir beim Durchqueren von Hausen selbst die warmen Strahlen auf unserer Haut genießen. Wie der Ausschreibung zu entnehmen war, gehen wir dieses Stück bereits, überwinden wir doch auf den ersten knapp 3 km 260 von insgesamt über 2.100 Höhenmetern. Bei diesem Gruppenlauf steht die Zeit nämlich hinten an. Das Lauferlebnis steht im Vordergrund und soll über den ganzen Lauf hinweg gemeinsam genossen werden.

Der Genuss lässt nicht auf sich warten und oberhalb von Hausen haben wir die erste tolle Aussicht. Ein Blick zurück zeigt uns das über dem Wiedtal thronende Kloster Marienhaus, dem Mutterhaus der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, Deutschlands größter privater Krankenhausträger. Dort wird später die zweite Verpflegung sein. Diese wollen wir uns erst noch verdienen und so geht es weiter den Malberg hinauf. Der Weg ist erstmals mit Schnee bedeckt, aber nicht vereist. So macht es keine Schwierigkeiten, vorbei an der Skihütte das erste Gipfelkreuz zu erreichen. Früher hätte es noch ein paar Meter höher gestanden, doch man kam auf die Idee, die Spitze des Berges abzutragen, um sie im Hindenburgdamm von Sylt zum Festland zu verbauen. Zurückgeblieben ist ein kleiner See. Vielleicht fängt er ja das Wasser auf, das die Brocken vom Malberg jetzt in der Nordsee verdrängen.
 

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Auch wenn die Aussicht und das Wetter zum Verweilen einladen, machen wir uns schnell wieder auf den Weg, schließlich gibt es noch viel mehr zu sehen. Zur Erholung geht es erst mal bergab. Auf den Waldwegen haben Autos ihre Spuren hinterlassen. Da heißt es aufzupassen, denn es wird stellenweise glatt. Heute gilt es, den Spagat zwischen aufmerksamer Konzentration und Entspannung durch nette Gespräche zu meistern. Schließlich bleibt bei dem gemächlichen Tempo jederzeit Luft für einen Plausch. So erfahre ich auf dem Weg hinauf nach Rockenfeld, dass ein paar Unermüdliche unter uns sind, die sich für Sonntag noch den Königsforst-Marathon vorgenommen haben. Alle Achtung.

Das nächste Schild weist nach Rockenfeld. Von der Ortschaft auf der Höhe ist allerdings nicht mehr viel zu sehen. Bereits 1280 zum ersten Mal urkundlich erwähnt hat diese immerhin über 650 Jahre bestanden, ehe sie wegen Abwanderung der Einwohner 1965 aufgelöst und das letzte Haus 1995 abgerissen wurde. Übrig blieben nur ein Ehrenmal und ein Gebäude des Wasserwerkes. Der Name allerdings lebt in den Fortgezogenen weiter und das nicht schlecht, wenn man an die Rockefellers denkt, deren Vorfahren tatsächlich von hier auswanderten.

Anschließend habe ich endlich mal die Gelegenheit, ein paar Meter neben Wolfgang zurückzulegen. Das freut mich besonders, da er vor dem Start die Devise ausgegeben hat: Wo ich bin, ist vorne. Zugegeben, es hat dann nicht immer geklappt, aber nur zum Nachteil einiger schneller Hirsche, die, vorausgelaufen, bei einem falschen Abzweig einig zusätzliche Meter bewältigen mußten. Ich lasse es locker rollen auf den Waldwegen hinunter ins Tal zum Wanderparkplatz Datzeroth. Nach gut zwei Stunden ist der Tisch hier reichlich für uns gedeckt. Vicky, Wolfgangs Tochter, Josef und Christian haben ganze Arbeit geleistet und die Getränke sind schon eingegossen. 10 Minuten Pause geben ausrechend Gelegenheit, alles zu probieren. Damit wir uns nicht häuslich einrichten werden wir von Wolfgang rechtzeitig zurück auf die Strecke gepfiffen. 13 Jahre Bund hinterlassen halt ihre Spuren.

2. Etappe

Die ersten Meter sind wieder zum Anlaufen. Flach geht es über und nach links an der Wied entlang. Aber nicht lange, da führt uns ein Waldweg steil nach rechts bergauf. Auf halber Höhe dürfen wir einen Blick zurück auf den Wanderparkplatz und das wunderschöne Wiedtal  werfen. Wehmut kommt keine auf, denn die fleißigen Helfer mit der Verpflegung sind schon wieder verschwunden. So fällt es leicht, dem Weg hinauf nach Wolfenacker zu folgen. Auf dem folgenden Teilstück können wir wieder Sonne tanken, führt es doch über eine Wiese. Der Schnee verstärkt die glänzenden Strahlen der Sonne. Hier komme ich mit Udo ins Gespräch und kann erfahren, daß wir heute gemeinsam zum 61. Mal eine Strecke bewältigen, die mindestens 42,195 KM lang ist. Manche würden von Zufall sprechen, andere davon, daß man nur die richtigen Infos zusammentragen muß um in so einer Gruppe Gemeinsamkeiten zu finden. Wie dem auch sei, das angenehme Gespräch lenkt ab. Aber nicht zu sehr, um die nächste Sehenswürdigkeit zu verpassen.
 

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Auf dem Klosterweg, der uns über einen Trail zurück ins Tal führt, kommen wir an der Neuerburg vorbei. Einen Abstecher können wir uns sparen, ist sie doch der Allgemeinheit nicht zugänglich, der Burgfried ist im Sommer allerdings bewohnt. Geschichtsträchtig ist sie für die Einheimischen aber allemal, wurde auf dieser 1170 von Ludwig II. von Thüringen erbauten Anlage 1290 doch das Amt Neuerburg errichtet, dessen Gebiet dem der heutigen Verbandsgemeinde Walbreitbach entspricht, die ursprünglich auch Amt Neuerburg hieß.

Uns führt der Weg weiter hinab ins Fockenbachtal, vorbei am Kelterhof und der Mutter-Rosa-Kapelle. Gewidmet ist sie M. Rosa Flesch, die im 19. Jahrhundert den Waldbreitbacher Orden  der Franziskanerinnen von der allerseligsten Jungfrau Maria von den Engeln gegründet hat. Was eine einfache, sozial engagierte Frau auch damals schon bewirken konnte, werden wir am Ende der Etappe noch bewundern können, ist das Kloster Marienhaus doch das Mutterhaus dieses Ordens. Bis dahin sind es aber noch ein paar Kilometer, die uns hinab ins Fockenbachtal und anschließend hinauf nach Glockscheid führen. Bevor wir diesen Ortsteil Waldbreitbachs erreichen, können wir über das Tal noch einmal einen Blick auf die Neuerburg werfen.
 

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Oberhalb von Glockscheid bestimmt das Kloster Marienhaus den Ausblick ins Wiedtal. Ihm sieht man nicht an, daß in den Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert früher eine Irrenanstalt war. Die liegt heute als Psychiatrie wenige hundert Meter weiter in neuen Gebäuden. Wolfgang wohnt nicht dort. Heute werden sie als Akademie genutzt. So können wir nach etwa einem halben Kilometer hier uns an der ungestört 2. Verpflegungsstation erfrischen. Wer weiß, was sonst mit uns Laufverrückten hätte passieren können.

3. Etappe

Jedenfalls hält uns niemand auf, als wir auf Wolfgangs Pfiff die nächste Etappe angehen. Frisch gestärkt wird auch gelaufen, führen die nächsten 1,5 KM ja direkt hinunter nach Waldbreitbach. Am Ortseingang verabschieden wir die ersten Etappenläufer. Für uns geht es über die Straße gleich wieder bergauf. Das Hinweisschild Sackgasse und keine Wendemöglichkeit schreckt uns nicht. Für Fußgänger gibt es halt immer ein Durchkommen und ans Wenden verschwende ich heute sowieso keinen Gedanken. Einige Gipfelerlebnisse stehen noch an und die möchte ich nicht verpassen. Durch den sog. kühlen Grund über den Hochscheider Seifenweg geht es hinauf zum Bärenkopp, vorbei an Bächen, die heute noch nicht von der Sonne beschienen und teilweise vereist sind. Die Stimmung ist gut und die ersten Schneebälle fliegen. Am weißen Kreuz werden vor der Panoramakulisse die passenden Fotos geschossen, ein phantastischer Ausblick bietet sich uns. Der Lauf macht heute nur Spaß.
 

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Also nichts wie weiter und genießen. Hier oben auf der Höhe pfeift der Wind jetzt kalt. Wen wundert‘s, sind wir hier doch am Rand des Westerwalds. Zum Glück trifft auch die folgende Zeile des bekannten Volksliedes zu und der Sonnenschein dringt tief ins Herz hinein. Das stärkt das Gemüt, zumal uns jetzt der Weg durch den sog. Heldenseifen, einen langen Bergabweg ins Fockenbachtal, bevorsteht. Ein Schild warnt vor Holzfällerarbeiten. Lebensgefahr droht. Sagt das Schild. Nach wenigen Metern kommen wir an den riesigen stillstehenden Holzfällmaschinen vorbei. Das könnte Entwarnung bedeuten, aber einmal nicht aufgepasst, schon liegt man heute auf der Nase. Mir passiert es hier, als ich über einen im Schnee verborgenen Zweig wegrutsche. Zum Glück bietet der Schnee auch eine weiche Unterlage, so daß es unbeschadet weiter gehen kann.

Der Lauf ins Tal währt nur kurz. Schon zeugen große querliegende Stämme vom Fleiß der Holzhacker und versperren den Weg. Zum Fällen hat die Zeit noch gereicht vor dem Schnee, zum Aufräumen leider nicht. Dies verhilft der Läuferschar zu einer kleinen Kletterpartie ein paar Meter über den Steilhang, teilweise auf allen Vieren. Kein Zweifel, das ist von Wolfgang und Josef so geplant, um uns mehr als einen gewöhnlichen Trail zu bieten. Und richtig eingeschätzt sind die Fähigkeiten der Teilnehmer auch, so daß alle wohlbehalten unten auf dem Wanderweg wieder ankommen. Was kann uns jetzt noch passieren? Bereits die nächste Kehre bringt es an den Tag. Die Kletterpartie ist noch nicht zu Ende. Die von den Hängen gekappten Bäume sind bis ins Tal gerutscht. Da kommt man sich die nächsten Meter wie im dichtesten Dschungel vor. Vielseitigkeit ist gefragt. Über einen Baumstamm dürfen wir balancieren. Ja, heute sind wir ganz gefordert. Aber auch diese Herausforderung ist bald gemeistert. Das Einzige was bleibt ist eine schöne Erinnerung und ein Zeitverzug von etwa 10 Minuten. Ja, den Zwergen war im bekannten Kinofilm der Wald nicht genug, uns ist heute der Trail nicht genug.
 

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Wolfgang bietet deswegen zwar eine Abkürzung an, aber wegen einer solchen Kleinigkeit wollen alle nicht auf die volle Distanz heute verzichten. So führen uns die nächsten 5 Kilometer an der Fockenbachmühle vorbei über Hollig hinauf zum Parkplatz Nassen. Weitere Überraschungen bleiben uns erspart, so daß diese Kilometer zu einem angenehmen, wenn auch mittlerweile etwas anstrengenden Spaziergang werden. Da kommt uns die nächste Verpflegungsstelle gerade recht, um Energien zurückzugewinnen. Die freiwilligen Helfer haben für alles gesorgt, sogar für den Nachschub der besonders beliebten Kekse, die spontan nachgekauft wurden. Das Engagement ist bewundernswert, opfern sie ihre Freizeit ja für einen guten Zweck. Der Erlös der Veranstaltung kommt über die Stiftung des blinden Paralympicssiegers Henry Wanyoike bedürftigen Läufern in Kenia zu Gute. Hier sei ein besonderer Dank an die Veranstalter ausgesprochen, daß wir Läufer dazu ein Scherflein beitragen dürfen.

4. Etappe

Manch einem fällt es jetzt schon etwas schwer, wieder in die Gänge zu kommen. Zugegeben, mir auch. Aber Wolfgang mit seiner Pfeife ist unerbittlich und gibt pünktlich das Signal zum Aufbruch. Der Weg führt jetzt leicht bergab in Richtung Breitscheid, da fällt das Laufen wieder leichter. Zudem ist bald die Marathonmarke erreicht. Für uns Sammler ein weiterer Haken auf der Liste, alles Weitere ist jetzt Zugabe und das hebt die Stimmung. Die Aussicht auf die nächste Aussicht gibt weiteren Auftrieb. So geht es wieder locker durch Breitscheid in Richtung Roßbacher Häubchen. Für die Aussicht nehmen wir extra einen Abstecher in Kauf, nur um uns heute von Wolfgang erklären und zeigen zu lassen, daß ein Besteigen des Gipfels wegen des Schnees keinen Sinn macht. Na ja, wir wollten ja auch möglichst den gesamten Trail sehen und so fehlt uns wirklich nur das Häubchen. Eine Lore erinnert an den Basalttagebau, der hier einst, wie am Malberg, betrieben wurde.
 

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Auf den folgenden Waldwegen beginnt der Trail seinem Namen alle Ehre zu machen. Bei leichten Plusgraden ist der Boden mehr und mehr aufgeweicht. Der zentimetertiefe Schnee wechselt sich mit ebenso tiefem Schlamm ab. Wer heute sauber ins Ziel kommt, kann nur geschummelt haben. Der Weg hinab zur Neschermühle wird zur Rutschpartie. Das Restaurant ist zur Zeit zwar geschlossen aber die Wirtsleute sind offen gegenüber uns Läufern und bieten die Möglichkeit, das stille Örtchen aufzusuchen. Wer diese Möglichkeit nicht nutzt, hat eine weitere Verschnaufpause.

In jeder Hinsicht erleichtert machen wir uns alle wieder auf den Weg, um die letzten Höhen dieser Etappe zu erklimmen. Hinauf geht es Richtung Weißenfelser Ley. Ein weiterer Aussichtspunkt über dem Wiedtal, den wir heute allerdings nicht mehr erreichen, in den Lauf kann man halt nicht alles packen. Wir biegen vorher ab, um nach einer weiteren Wiedüberquerung uns wieder am wohlbekannten Verpflegungsangebot zu laben.

5. Etappe

Das Beste sollte man bis zum Schluß aufsparen. Nach dieser Devise ist auch dieser Trail-Lauf konzipiert. Deshalb erreichen wir zu Beginn der letzten Etappe erst den steilsten Anstieg. Der untere Teil ist bereits schneefrei. So kommen wir ohne großes Rutschen nach oben. Ansonsten hätten wir wohl wie Käfer emporkrabbeln dürfen. Erstaunlich, welche Power manch einer jetzt noch an den Tag legt. Ich bin froh, oben angekommen noch ein paar Meter gehen zu dürfen. Langsam fällt es schwer, wieder in Gang zu kommen. Das macht die Aufgabe von Jochen nicht einfacher, sorgt er doch heute als Besenwagen dafür, daß keiner verloren geht.
 

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Flach führt uns der Weg weiter in Richtung Reifert. Der wolkenverhangene Himmel verbreitet mittlerweile Winterstimmung. Von den Tannenbäumen auf der linken Seite könnte ich mir ja schon mal einen als Christbaum aussuchen. Weihnachten ist ja nicht mehr weit. Da mir die passenden Gerätschaften fehlen, bleiben heute alle Bäume stehen. So geht es unverrichteter Dinge durch Reifert, ausnahmsweise mal wieder bergab. Ein Plausch mit Frank läßt mich meine müden Beine vergessen. Der Weg hinab ins Walbachtal lockert die Gelenke zusätzlich, am Ende erwartet uns, wiederum nach einem Aufstieg, Schloß Walburg. Von seinem Turm aus soll das uns entgangene Roßbacher Häubchen zu erblicken sein. Aber auch dieser Ausblick bleibt uns verwehrt, denn das Schloß befindet sich in Privatbesitz.

Zeit, das Schloß von außen zu bewundern, bleibt trotzdem, die schwindenden Kräfte einiger Teilnehmer machen es möglich. Die Wartezeiten auf die letzten Mitglieder unserer Laufgruppe werden länger, da ist Solidarität gefragt, keiner wird zurückgelassen. Erst als wir wieder zusammen sind, geht es gemeinsam die letzte schwere Steigung nach Over hinauf. Bevor der Weg hinunter zurück nach Waldbreitbach führt, wird uns hier ein finaler Panoramablick geboten. Dann tauchen wir wieder im Wald unter. Auf Serpentinen zieht mich die Schwerkraft bergab.
 

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Am Ortseingang heißt es ein letztes Mal sammeln. Die letzten 1,5 KM führen uns an der Wied entlang. Wie wir den Lauf begonnen haben, werden wir ihn auch beenden, nämlich zusammen. Ein Blick über die Wied zeigt mir die vom Staffelmarathon bekannte Strecke hinter der Sporthalle. Tip: 3. Oktober, Einzelläufer herzlich willkommen. Nur mal so ganz nebenbei und unter uns: Ich bin dreifacher Finisher… Weit kann es nicht mehr sein und schon ist die Fußgängerbrücke erreicht, die uns ein letztes Mal über die Wied führt. Heute Morgen war sie noch sauber, jetzt trägt sie deutlich die Spuren des Laufes, die wir alle hinterlassen haben.

Pünktlich um 18.00 Uhr sind wir, wie versprochen, zurück an der Sporthalle. Damit haben wir das Zeitlimit auf die Minute eingehalten. Was eine gute Planung doch ausmacht. So bleibt uns genügend Zeit, uns für das vorgesehene Abendessen frisch zu machen. Tatsächlich läuten auch noch die Glocken. Ein Mitläufer bewundert die Organisation: „Morgens der Bürgermeister, abends der Pastor, was mag da noch kommen?“ Wolfgang: „Zur Siegerehrung kommt der Papst!“
 

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Hunderte Fotos zu diesem Bericht sind auf trailruning.de verfügbar.

Abschlußfeier

Um 19.00 Uhr finden wir uns im Hotel Zur Post ein, um ein herrliches Nudelbuffet zu verspeisen. Bevor es an die Ehrung der Beteiligten geht, sprechen wir diesem erstmal ordentlich zu. Unterhalten werden wir derweil durch eine Diashow mit Wolfgangs Bildern des Tages. Einige sind ohne ihre typische Laufkleidung kaum wiederzuerkennen. Mit den Startnummern war das einfacher, jeden zu identifizieren, da diese mit vollem Namen versehen waren.

Nachdem jeder die wohlverdiente Auszeichnung in Form einer Urkunde und des Finisher-Shirts erfahren durfte, klang so ein wunderschöner Tag im Wiedtal gemütlich aus. Alle waren sich einig in der Hoffnung, daß dieser Lauf keine Eintagsfliege bleiben sollte, denn dann können wir uns alle wieder sehen, beim nächsten Wiedtal-Ultratrail.

Fazit: Eine Veranstaltung, die keine Wünsche offenläßt. Ein Paradebeispiel dafür, daß man mit wenigen, engagierten Mitstreitern (4) einen tollen Lauf auf die Beine stellen kann. Die Startgebühr ist für das, was geboten wird, sehr günstig. Bleibt zu hoffen, daß für den guten Zweck auch genug übrig bleibt.

Streckenbeschreibung:
5 Etappen rund um das Wiedtal; insgesamt ca. 66 Kilometer und rund 2.200 Höhenmeter

Zeitnahme:
Keine

Startgebühren:
30,00 € inkl. Urkunde, Pasta-Party, T-Shirt, Weizenbierglas und Kleidertransport zu den einzelnen Etappenorten; Etappenläufer 5,00 € pro Etappe

Weitere Veranstaltungen:
Eine Entscheidung für einzelne Etappen ist möglich

Auszeichnungen:
T-Shirt und Urkunde

Verpflegung:
Verpflegungspunkte an den einzelnen Etappenorten Teilweise eine weitere auf einzelnen Etappen und im Ziel; geboten werden Tee (warm), Kaffee, Iso (warm), Wasser, Apfelsaft, Riegel, Äpfel, Bananen, Rosinen, Nüsse und Kekse“