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3. Leipziger Wintermarathon am 21.01.2012


Aller guten Läufer sind drei

Eins, zwei, drei – wir sind dabei! So oder so ähnlich klang es aus dem Baden-Badener Hauptquartier von marathon4you.de anläßlich der Befehlsausgabe zum diesjährigen Autorentreffen der laufenden Reporter. Wieder sollte ein Wintermarathon genutzt werden, um dem Chef die Überprüfung der Frühform seiner Laufsklaven einfach zu gestalten. Einfach auch deshalb, weil hier immer drei Personen zusammenlaufen müssen, um in die geforderte Teamwertung zu kommen. Und um unsere Flexibilität nicht überzustrapazieren, steht – analog zum letztjährigen 50er in Rodgau – wieder ein 5 km-Rundkurs zur Bewältigung an. Zu viel Neues muß man ja auch nicht haben, und das Rundenlaufen hat bei uns mittlerweile System, denn vor zwei Jahren wurde es in Kevelaer erstmals in der Gemeinschaft getestet und für gut befunden.

So mal eben von West nach Ost zu fahren ist schon ein gewisser Akt, daher reise ich bereits am Freitag an und auch erst am Sonntag zurück und beehre die Heldenstadt Leipzig ein ganzes Wochenende lang. Schon auf der Fahrt durch das Thüringer Burgenland wirft die heutige Veranstaltung ihren Schatten voraus: Sowohl die Gemeinde wie auch die Burgen „Drei Gleichen“ zeigen, daß es heute nur gemeinsam und mit einheitlicher Leistung etwas geben kann.

Ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich zwar vor vielen Jahren schon mal in Leipzig war, aber arbeitstechnisch bedingt außer Plagwitz nur das Völkerschlachtdenkmal gesehen habe. Das muß sich ändern und so nutze ich den Vortag zu der lange überfälligen Stadtbesichtigung. Wie schon vermutet, ist Leipzig (der Name rührt vom altsorbischen „Lipsk“ [Linden-Ort] her) eine Reise und auch einen längeren Aufenthalt wert.

Nach einer ersten Stunde des Warmlaufens hole ich den Joe am Bahnhof ab, unser Weg führt uns natürlich – wohin? Na klar, etwas anderes als die Bahnhofskneipe kommt für ihn nicht in Frage, ich folge schwersten Herzens… Nach dem ersten Hellen stößt noch Klaus K. zu uns und Teil 2 der Stadtbesichtigung folgt auf dem Fuße. Für mich als Fan des Wahren, Schönen und Guten ist es beim Rundgang beruhigend zu sehen, daß die Innenstadt trotz des zur Wende größtenteils katastrophalen Bauzustands viele herrlich restaurierte Gebäude besitzt: Bayrischer Bahnhof, Nikolaikirche, Mädlerpassage mit Auerbachs Keller (wer kennt noch Jürgen Schneider?), Zoo sowie natürlich die Nikolai- und Thomaskirche sind nur einige der vielen Attraktionen. In letzterer singt drei Mal wöchentlich der von Johann Sebastian Bach als erstem Kantor gegründete Thomanerchor, der im letzten Jahr in meinem Heimatdorf Waldbreitbach (!) ein bemerkenswertes Gastspiel gab. Thomaskirche, Thomanerchor und Thomasschule können in diesem Jahr übrigens auf ihr 800jähriges Bestehen zurückblicken. Diese drei Institutionen Leipzigs, drei Säulen kulturellen Lebens, stellen sich auch heute ihrem Auftrag: Glauben zu leben, Musik und Kultur zu gestalten sowie Menschen zu bilden.

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Am Abend fallen wir beim Thailänder ein und räubern eine Platte für drei Personen. Klaus S., Daniel und Bernie sind inzwischen dazu gestoßen, lassen sich nicht lumpen und tun es uns gleich.

Am Vormittag – die späte Startzeit um 11 Uhr gestattet zumindest mir ein opulentes Frühstück -  machen wir uns auf den Weg zum Ort des Geschehens. Nach dem letzten Krieg hatte die Leipziger Stadtverwaltung mehrere Parks zusammengefaßt, umgebaut und nach der sozialistisch/kommunistischen deutschen Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin (1857 – 1933) benannt. Die von der (Mehrheits-)Politik beabsichtigte  Rückbenennung in (König-)Albert- bzw. Scheibenholzpark scheiterte noch im vergangenen Jahr am Widerstand großer Teile der Bevölkerung. Der Streckenverlauf mußte aufgrund aktueller Baumaßnahmen leicht verändert werden, aber wer noch nicht hier war, wird es gar nicht bemerkt haben.

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Gleich vier Teams aus den unermüdlich für Euch aktiven m4y-Reportern stehen am Start, mit mir zusammen machen sich Klaus K. und Bernie auf die Reise. Entgegen der Wettervorhersage ist es seit gestern trocken, sicherheitshalber habe ich aber meine Schirmmütze eingepackt, denn mit nasser Brille läßt es sich schlecht orientieren. Pünktlich und läuferfreundlich um 11 Uhr stehen 84 Dreierteams (Rekordbeteiligung!) an der Startlinie und scharren mit den Hufen. Witzig und für mich als Rheinländer unbedingt dem nahenden Fastelovend (Karneval) geschuldet sind einige der Mannschaftsnamen: Die Steakesser, Die Laufmaschen, ÜBERREDET, Die drei Muskelkater, Die drei lustigen Vier sind nur einige, die mir beim Lesen ein Grinsen entlocken.

Schon geht es, nachdem Thomas Wenning, heute für die RW dabei, ein schönes Gruppenfoto geschossen hat, auf die Anton-Bruckner-Allee und wir überqueren zum ersten Mal das Elsterflutbett. Dieses ist einer von zahlreichen Kanälen, die im Laufe der Zeit zur Regulierung des Wasserstands im Leipziger Auwaldgebiet entstanden, das von den im Stadtgebiet vielfach verzweigten drei Flüssen Weiße Elster, Pleiße und Parthe dominiert wird. Die Mitnahme meiner Schirmmütze erweist sich als weiser Entschluß, denn schon auf den ersten Metern beginnt zu pieseln. Toll. Die ohnehin weichen, pfützenbestandenen Naturwege, die zu belaufen sind, werden schnell noch weicher. Meine schönen Gore Tex-Schuhe stehen prima im Kofferraum des Autos und wären an meinen Füßen jetzt sehr viel sinnvoller untergebracht. Schon nach einer halben Stunde habe ich klatschnasse Füße.

An einem kleinen Teich vorbei biegen wir nach etwa einem km an einem Kreisel nach rechts auf den parallel zur Karl-Tauchnitz-Straße verlaufenden Radweg ab. Es dauert nicht lange, bis ich mit immer nasser werdenden Füßen versuche, jeden nur möglichen asphaltierten Meter mitzunehmen und auf den parallel verlaufenden Straßen und  Parkstreifen zu laufen, auch wenn das jedes Mal ein paar Meter Umweg bedeutet. Nach wiederum etwa einem km geht es scharf nach rechts auf den Rennbahnweg, um die Pferderennbahn halb zu umrunden. Die schöne, herrlich frisch restaurierte, stählerne  Besuchertribüne mit ihren zwei steinernen Türmen von 1907 bietet trotz des Schietwetters echt etwas fürs Auge und wird in jeder Runde dankend wahrgenommen.

Wie immer zieht sich das Feld schnell auseinander, in unserer Preisklasse +/- 4 Stunden knubbelt es sich etwas, aber Platz ist genug da. Klaus ist vor 8 Tagen erst den Tiberias-Marathon unter 4 Std. gelaufen, daher haben wir einen halbwegs gemütlichen 6er-Schnitt angepeilt. Peilen und tatsächlich laufen sind bekanntermaßen zwei verschiedene Dinge und so lassen wir uns auf sub 4-Kurs mitziehen, die km-Zeiten bewegen sich zunächst zwischen 5:25 und 5:30 min. Auf halber Strecke erfreut uns ein Musikant, der scheinbar unverfroren (!) dem Wetter trotzt und in seinem Pavillon mit wechselnden Musikinstrumenten für Stimmungsaufhellung sorgt. Die ist auch nötig, denn auf dem parallel zum Elsterflutbett verlaufenden Weg bläst uns der Wind mächtig und kalt entgegen. Nun ja, auch mentale Härte will trainiert sein.

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Angenehm ist es, den Start- und Zielbereich alle 5 km zu durchlaufen. Denn erstens kann man jedes Mal einen virtuellen Haken für eine der acht Runden machen und zum anderen sorgt die sehr gute Verpflegung mit warmen Getränken und Leckerem zu beißen für bitter notwendige Stärkung. Wer will, kann auch angeblich flügelverleihende Brause trinken, aber obwohl die austeilenden Mädels durchaus was fürs Auge sind, verschmähe ich den mir nach flüssigen Gummibärchen schmeckenden Saft. Der und ich, wir werden keine Freunde mehr.

Einerseits ist es schade, anderseits aber auch schön: Eine unserer Mannschaften hat sich aufgelöst, der Herr Chefredakteur ist mit „Knie“ ausgestiegen, hat sich mit schwerem Teleobjektiv bewaffnet und schießt viele Fotos. Das zwingt einen natürlich zu gelöstem Aussehen und lenkt erfolgreich von der wetterbedingt schlechten Laune ab. Wiederum Vor- und Nachteil: Fotografiert zu werden ist eine schöne Sache, ich aber kriege die Krise, wenn ich mich auf der Sachsenbrücke von der Seite sehe. Seit Monaten versuche ich auf Mittelfußlauf umzustellen und was tue ich? Fersenlaufen der schlimmsten Sorte.

Die Gespräche in unserer Gruppe halten sich arg in Grenzen, jeder ist in Gedanken schon beim zu diesem Zeitpunkt leider noch fernen Ende. Das ist bedauerlich, aber bei dem fiesen Wetter nicht zu ändern. Wir sind stillschweigend übereingekommen, das Ganze hier möglichst zügig hinter uns zu bringen und weiter klar auf Kurs „unter 4“. Nach etwa drei Stunden läßt der Schneeregen dann deutlich nach, obwohl uns der Regen bis ins Ziel verfolgt. Dann aber auch sofort pünktlich aufhört. Irgendjemand hatte da heute etwas gegen uns. Auf einem breiten Gehweg, den ich schon längst nicht mehr nutze, werden doch tatsächlich die Pfützen zusammengekehrt! Welch ein heroischer Akt. Und den Spaß haben die Jungs auch nicht verloren, denn sie behaupten, nur unseren Schweiß zu beseitigen! Nee, also wenn die noch können, dann wir aber auch. Allen tapferen Helfern an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön!

Aber wir können doch nur noch teilweise. Auf dem 33. km läßt einer von uns abreißen und die anderen beiden nehmen einen Gang heraus. Getreu der Jahreslosung der Herrnhuter Brüdergemeine für das Jahr 2012: "Jesus Christus spricht: Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig." (2. Korinther 12,9) erhoffe ich mir für ihn inständig Stärkung, besonders von oben, aber nach der siebten von acht Runden ist es dann endgültig vorbei, er kommt nicht mehr hinterher. OK, das ist heute eine Mannschaftsleistung, wir haben zusammen angefangen und werden auch zusammen ankommen. Folgerichtig dauert der 35. km über sieben Minuten und danach geht es etwa in 6:30 weiter. Riesenrespekt: Er reißt sich wirklich am Riemen und haut für seine heutigen Möglichkeiten mächtig rein. Nur wenig mehr als sechs Minuten benötigen wir für die km 38 – 40. Eine kleine Begegnungsstrecke noch und einmal ums Rondell, dann dürfen wir letztmals zum Ziel laufen und freuen uns, es nach 4:03:23 Std. wieder mal mit Anstand geschafft zu haben.

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Unsere üblicherweise Schnellsten (Daniel, Anton und Klaus S.) haben heute (teilweise) auch einen leichten Durchhänger, sind erst wenige Minuten vor uns eingetroffen und wiederum wenige Minuten nach uns kommt auch mit Andrea, Kay und Joe die letzte vollständige Mannschaft ins Ziel. Angelika und Eberhard bekommen auch als Einzelläufer noch ihren Marathon bestätigt und damit den verdienten Lohn der Mühe. Leider habe ich mein Handtuch im Hotel vergessen und muß daher nach ein paar hastig verdrückten (kostenlosen!) Stücken Kuchen das Feld räumen, nachdem wir natürlich ein paar Euronen als Spende für die Hospizstiftung dagelassen haben. So bringen wir uns selbst um die angebotene, ebenfalls kostenlose Sauna und eine Massage hätten wir auch haben können. Shit happens, aber wir entschädigen uns am abendlichen üppigen m4y-Buffet und sammeln die Kräfte, die wir benötigen, um in nächster Zeit gutgelaunt wieder von den unterschiedlichsten Zielen für Euch berichten zu können. Ich habe für mich schon die erste Entscheidung für 2013 getroffen: Da geht es im Januar ins Trockene nach Senftenberg.

Startgeld:
45/60/75 € pro Team je nach Anmeldezeitpunkt.

Streckenbeschreibung:
8 mal zu durchlaufender 5 km-Rundkurs durch den Clara-Zetkin-Park und Nonne plus 2,2 Schluß-km.

Rahmenprogramm:
Kostenlose Übernachtungsmöglichkeit nahe Start/Ziel.

Reglement:
Die Mannschaften werden gemeinsam gewertet (alle drei müssen für die Teamwertung das Ziel erreichen, Zeitnahme beim Letzten), zerfällt das Team, erfolgt eine Einzelwertung. Es wird eine Teambörse angeboten.

Auszeichnung:
Urkunde für alle, Siegerehrung für die jeweils drei schnellsten Teams Männer, Frauen und Mixed. Sonderwertung für Teams U 90 und Ü 150. Schöne Medaille für die Schnellsten (also leider nicht für mich). Sahnetorte (!) für jedes erfolgreiche Team.

Logistik:
Alles perfekt in einer Halle.

Verpflegung:
Warmer (!) Tee und Iso, Wasser, Haferschleim, Obst, Kuchen an Start/Ziel. Kostenloses Frühstück und Hallenverpflegung nach dem Rennen (Spende zugunsten der Hospizstiftung erbeten).

Zuschauer:
Praktisch Fehlanzeige.