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1. SKA-Lauf Hardtberg am 26.08.2009

Unruhige Mittagspause

Im Schweinsgalopp durch den Bonner Kottenforst

Manche Gelegenheiten darf man sich einfach nicht entgehen lassen. An meinem Arbeitsplatz im Bundesverteidigungsministerium richtet das hier teilweise dislozierte Streitkräfteamt, genauer gesagt deren Neigungsgruppe Laufen, erstmals im Rahmen eines großen Sportfestes einen Lauf aus. Mitten in der Woche. Zur Mittagszeit. Wer halbwegs laufen kann und nicht gerade verletzt ist, hat definitiv keine Ausrede, hier und heute mitzumachen. 11,5 meist flache Kilometer über ordentliche Waldwege – Herz Wade, was willst Du mehr?

Perfekt ist natürlich auch, daß ich die Wege fast mit geschlossenen Augen laufen könnte, da ich dank vorhandener Dusche am Arbeitsplatz manche Mittagspause im Kottenforst verbringe und mir dort den Kopf freilaufe. Warum also nicht auch mal auf Zeit?

Mit von der Partie ist Stabsunteroffizier Mario Kröckert. Ich wußte gar nicht, daß dieses Langstreckenas und Marathonhoffnung derzeit Sportsoldat ist. Seine Zeiten sprechen für ihn: Marathon in 2:16:07 Std., Halbmarathon in 64:09 Minuten, 10 km in 28:28 min. Heute will er locker im 4er Schnitt traben. DIE Chance für meinen Kameraden Dirk, sich dranzuhängen.

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Strecke_SKA-Lauf_250

Los geht es für 51 Läuferinnen und Läufer nach einer Sportplatzrunde über den Hubschrauberlandeplatz quer durch die Liegenschaft zum Südtor hinaus. Noch ist kein Kilometer vergangen, schon schließen sich die Bäume über uns und spenden heute hochwillkommenen Schatten, obwohl die Temparatur erträglich ist. Das erste km-Schild nehme ich nicht wahr und der zweite km läßt uns tief in den Kottenforst eintauchen. Ich laufe ziemlich weit vorne und bin unsicher, ob ich jetzt zu schnell angegangen bin oder der Rest eher verhalten unterwegs ist.  Die Zeit spricht eine deutliche Sprache: 9:19 min für die ersten beiden km sind, falls das Schild richtig steht, eher zu langsam. An den Schießständen vorbei überqueren wir die Witterschlicker Allee, die jedoch keine Prachtstraße mit Einkaufsmeile ist, wie der ortsunkundige Leser vielleicht vermuten könnte.

Der Kottenforst ist ein nahezu unbesiedeltes, ca. 4.000 ha großes Waldgebiet; über Jahrhunderte war es Jagdgebiet unterschiedlicher Herren. In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden verschiedene schnurgerade Alleen für die Parforcejagd aufgeschüttet. Heute wird hier allerdings weniger das Wild gehetzt als wild gehetzt... Aber auf diesem Untergrund ist das so eine Sache mit dem Hetzen, denn die zwar relativ feste, aber dennoch nur gekieste Oberfläche mit einzelnen größeren Steinen und immer wiederkehrenden Unebenheiten erfordert, gerade bei höherer Laufgeschwindigkeit, besondere Aufmerksamkeit. Der gestrige Regen war für einen guten Grip auch nicht unbedingt förderlich.

Nach gut drei km geht es im 90°-Knick nach rechts auf den Rulandsweg ab und wir werden doppelt belohnt: erstens dürfen wir uns wieder auf Asphalt bewegen (verkehrsfrei) und zweitens gibt es hier die erste Atzung mit einer undefinierbaren lilafarbenen Flüssigkeit, die ich tapfer hinunterschütte. Geschadet hat sie jedenfalls nicht! Auf dem Rulandsweg kann man es gut rollen lassen, bis man aus dem Wald heraustritt und am Ortsrand von Heidgen nach einem scharfen Linksknick den markanten Sendeturm im Visier hat. Schön ist, daß sich einer von zwei Begleitradfahrern immer in meiner Nähe aufhält, so kommen erst gar keine Zweifel über den richtigen Weg auf, der aber ohnehin perfekt ausgeschildert ist.

Bei etwa Halbzeit verschluckt uns der Wald aufs Neue und über einen relativ schmalen Pfad, so wie ich es liebe, laufe ich leider nur wenige hundert Meter bis zur Flerzheimer Allee, wo erneut der Asphalt das Vorwärtskommen begünstigt. Hier kassiert mich der bisherige Fünfte und zieht unwiderstehlich (zumindest für mich) davon. Am Jägerkreuz bei etwa km 7,5 sind wir dann schon deutlich auf dem Heimweg und biegen nach links wieder auf den Rulandsweg ein. Die erste Verpflegungsstelle ist jetzt zu- und ortsgleich auch die zweite und frisch gestärkt (lila, trinkbar) geht es nun endgültig den Rennweg wieder ca. 2 km geradeaus zurück..

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Kurz vor der Kaserne riskiere ich einen Blick nach hinten, den ich vorher vermieden habe, denn der wird ja bekanntermaßen als Zeichen von Schwäche gewertet. Der nächste Läufer liegt weit zurück, aber ich ziehe trotzdem weiter durch, denn so weit vorne werde ich vermutlich nie wieder liegen. Nach einem weiteren km am Kreisel vor dem Südtor werde ich vom Verkehrsposten gelobt („Das sieht gut aus“! – so fühle ich mich auch) und laufe wieder in die Kaserne ein. Noch eine dreiviertel Ehrenrunde auf dem Sportplatz, ich werde namentlich begrüßt, die Zuschauer klatschen und mit stolzgeschwellter Brust werden die letzten 200 m absolviert. Nach 51:55 min ist es dann geschafft, ich bin hochzufrieden und mein weiblicher Fanblock, bestehend aus einer Person, strahlt.

Mario hat natürlich gewonnen und ist 41:54 min gelaufen, das ist wohl kaum mehr als sein Longjog-Tempo. Dirk ist Zweiter in 44:45 min und damit unter einem 4er Schnitt gelaufen. Respekt, Herr Kamerad! Zufrieden trolle ich mich und werde im kommenden Jahr bestimmt wieder dabei sein. Denn, wie gesagt: Wann kann man mal mit so wenig Aufwand einen gut organisierten Wettkampf bestreiten? Und das für lau?


Streckenbeschreibung:
Strecke überwiegend im Wald auf festen Wegen verlaufend

Wertung:
Einzel- und Teamwertung ab 3 Teilnehmer, unterteilt nach Hauptklasse (bis 40 Jahre) und Masterklasse (über 40 Jahre)

Startgebühr:
Keine

Auszeichnung:
Urkunde

Logistik:
Alles nahe beieinander und fußläufig gut zu erreichen.

Verpflegung:
Getränke unterwegs bei ca. km 3,5 und 8 sowie im Ziel.

Zuschauer:
Sportfestbedingt einige im Ziel, die einen netten Empfang bereiten.