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1.020. Teichwiesen-Marathon am 26.06.2013


Marathon beim Weltrekordler

Bei vielen ist die Wachablösung noch gar nicht angekommen, aber Horst Preisler ist schon seit August 2011 nicht mehr der Mensch mit den meisten offiziell gelaufenen Marathons auf der ganzen Welt. Wer jedoch marathon4you.de regelmäßig verfolgt, konnte im Bericht über den diesjährigen Hannover-Marathon lesen, daß eben dieser exakt der zweitausendste des neuen Weltrekordlers war, der mit offizieller Eskorte und großem Tamtam gefeiert wurde. Das macht man ja auch nicht mal eben so, zweitausend Marathons und länger zu laufen.

Während Horst in einem ausgeklügelten System unter Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht selten an einem Wochenende drei große Läufe schafft(e), verfolgt der Hamburger Arzt Christian Hottas teilweise eine andere Strategie: Er veranstaltet selber Läufe nach der offiziellen Zählordnung des 100 Marathonclubs Deutschland. Demzufolge zählt der Lauf, wenn die Streckenlänge mindestens 42,195 km beträgt, ein öffentlich ausgeschriebener Wettkampf oder ein öffentlich ausgeschriebener Gruppenlauf vorliegt und mindestens drei Teilnehmer am Start sind.

Und hier klingelt sein Zähler seit dem Jahr 2000 bis zu viermal wöchentlich beim von ihm veranstalteten Teichwiesen-Marathon in Hamburg-Volksdorf zusätzlich zu seinen Teilnahmen an div. Anderen „offiziellen“ Marathon- und Ultraläufen. Die 2,583 km lange Runde ist nach einem Anlauf sechzehnmal zu durchmessen und auch Schauplatz des jährlichen Hamburger Silvesterlaufs. Heute zockeln bereits zum 1.020. Mal eine Handvoll Läuferinnen und Läufer um das nette Naturschutzgebiet. Angeblich findet Christian den Weg mittlerweile sogar schon ohne fremde Hilfe…

Gerne benennt er die Veranstaltungen nach berühmten Persönlichkeiten, so ist heute Mildred Ella „Babe“ Didrikson Zaharias, genannt Babe Zaharias, bereits zum zweiten Mal Patin. Sie war eine hochtalentierte und vielseitige US-amerikanische Olympiasiegerin, Weltrekordlerin, Leichtathletin und Golferin, die bereits 1956 mit 45 Jahren an Krebs starb. Legendär ist das Hochsprungfinale der Olympischen Spiele 1932: Dort sprang sie ebenso wie ihre Teamkollegin Jean Shiley mit 1,657 Metern Weltrekord, bekam jedoch von der Jury aufgrund des Sprungstils (Kopf voran, sogen. „Tauchroller“) nur den zweiten Platz zugewiesen. Damit waren aber weder Didrikson noch Shiley zufrieden. Die beiden Frauen ließen ihre Medaillen verschmelzen und behielten als Trophäe eine Silber-/Gold-Legierung.
 

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Mittwoch, 26.06.2013, 15.30 Uhr – welch eine ungewöhnliche Startzeit! In Hamburg-Volksdorf treffen sich am Großen Teich sieben Unentwegte zum Schweißvergießen. Bei mir paßt das super, denn ich kann diesen Lauf unmittelbar im Anschluß an einen beruflichen Termin wahrnehmen. Nach meinem samstäglichen Marathon am Biggesee  sind erst vier Tage vergangen und ich bin gespannt, wie ich das wegstecken werde. Gut, so lange wie Christian in der Regel unterwegs ist (+/- sechs Stunden), will ich nicht benötigen, aber wer weiß das schon vorher? Bevor jetzt jemand zu lästern beginnt: Christian ist den Marathon auch schon unter drei Stunden gelaufen und die 100 km unter 8:15.

Geparkt wird in einer kleinen Anliegerstraße, von der es nur ein paar Meter an den sog. Großen Teich sind, um den die Laufrunde führt. Hier baut Christian zwei Campingtischchen für die Verpflegung auf, an dem sich jeder nach Lust und Laune später bedienen wird. Gemeinsam gehen wir ein Stück der Runde in Richtung Start, um nach 767 m stehenzubleiben. Christian, der nach eigenem Bekunden mittlerweile wohl an die Viertelmillion km in Laufschuhen zurückgelegt hat, zieht mit dem Fuß eine Linie in den Boden und getreu seinem Motto: „Jeder Lauf ist ein Geschenk!“ setzen wir uns langsam in Bewegung zurück zum Ausgangspunkt. Damit sind die von 16 Runden zur Marathondistanz fehlenden Meter ausgeglichen.

Langsam will ich es auch angehen, aber das gelingt mir nicht, denn ich kenne als einziger die Strecke nicht, alle anderen sind Serientäter. Daher hänge ich mich an die ersten Beiden und erkenne schnell, daß ein Verlaufen unmöglich ist: In der Runde, links herum genommen, wird im Zweifelsfall immer rechts abgebogen und schon ist man wieder am Anfang. Hellmut ist heute schnell unterwegs und zieht zunächst im Fünfer-Schnitt von dannen. Mit Tammo, der am Samstag einen Triple-Marathon gelaufen ist (drei Starts hintereinander im Abstand von jeweils sechs Stunden) laufe ich einige Runden zusammen und da wir ein interessantes Thema finden, vergeht die erste gute Stunde wie im Flug. Dann müssen wir uns trennen und ab diesem Zeitpunkt bin ich bis zum Schluß allein auf weiter Flur.

Die Strecke ist schön und außerordentlich kurzweilig. Leicht wellig (die Dauer-Teichwiesenläufer nennen die Steigungen mit einem Augenzwinkern „Pyrenäen“ und „Alpen“) führt sie in vielen kleinen Kurven um das Naturschutzgebiet, fast immer hat man den Blick auf den großen Teich oder ausgedehntes Wiesengelände. Jede gute Viertelstunde komme ich an der Verpflegungsstelle vorbei und bediene mich jede zweite Runde, einschenken muß ich allerdings selber, denn wer stellt sich dort schon zwei- bis dreimal die Woche sechs Stunden für ein paar Hansel hin?
 

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Mit zunehmender Laufdauer wird es später Nachmittag und die Szenerie belebt sich: Zwei Fußballmannschaften, ein Lauftreff, etliche Einzel- und Paarläufer kommen dazu. Gut ist, daß praktisch alle anderen die Runde anders herum laufen, so gibt es immer wieder Abwechslung. Einige wollen nicht gesehen werden und senken den Blick zu Boden, sobald ich näherkomme, andere grinsen spätestens bei der der dritten Begegnung und melden sich sogar freundlich ab, wenn sie ihr Pensum erledigt haben. Je später es wird, umso mehr Niederwild, v.a. in Form von Schnecken, liegt plattgetreten auf dem gut zwei Meter breiten Weg.

Mein Flüssigkeitsbedarf hält sich heute in Grenzen, denn erfreulicherweise schützt uns eine dicke, dunkle Wolkenschicht vor den schädlichen Auswirkungen der Sonne und von steifen Brisen unterstützte 13° sind doch ein perfekter Sommertag. Von wegen! Arschkalt ist es, verdammte Axt! Nicht immer fühle ich mich (nur) im Shirt richtig aufgehoben, aber eine Jacke im Sommer anziehen? Das geht gar nicht!

Bei jedem Überholen werden mit Christian & Co. ein paar Worte gewechselt, einige Fotos gemacht, aber die Zahl der Motive hält sich in Grenzen. So verstaue ich den Fotoapparat im Gebüsch unter dem Verpflegungstisch, um mir die ganze nächste Runde Sorgen zu machen, daß sie geklaut werden könnte. Folglich schnappe ich sie mir beim nächsten Boxenstop und bringe sie zum nahe geparkten Auto. Auf der drittletzten Runde liefere ich mir (ernsthaft jetzt) ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem Eichhörnchen, das ich am Ende klar für mich entscheide. Das macht Hoffnung. Beeindruckt bin ich von Siegfried, der für den Berliner 24-Stunden-Lauf trainiert, und mir von seinen langen, langen Läufen – abwechselnd laufen und gehen, das muß man üben – erzählt.

Auf dem vorletzten km verabschiede ich mich von Christian, der zu diesem Zeitpunkt noch fünf Runden zurückzulegen hat, und dann seinen 2.022. Marathon im Sack haben wird. Zur Erinnerung: Vor sechs Wochen fand der 2.000 statt. Ich will zum Ende kommen, aber er hat so viel Spannendes von außergewöhnlichen Marathons in der Hamburger Umgebung zu erzählen, daß ich mich kaum lösen kann. Schade, 500 km Anfahrt sind doch etwas zu heftig für ein häufigeres Hiersein. Nach 4:23 Std. ist mein Arbeitstag beendet. Eine Zeitnahme gibt es natürlich nicht, jeder trägt sein selbstgemessenes Ergebnis in die bereitliegende Liste ein. Christian überträgt die Zeiten später auf race result, über die auch die Anmeldung läuft. Hier gibt’s dann auch eine Urkunde als offizielle Bestätigung.

Eine klasse Gelegenheit war das heute, ganz unkompliziert an einem ganz normalen Mittwochnachmittag auf dieser schönen Strecke noch einen „Nachbrenner“ zu Attendorn zu laufen. Zur Nachahmung empfohlen!
 

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Startgeld:
Bei Voranmeldung 5 €, Nachmeldung plus 2 €, zahlbar am Start.

Streckenbeschreibung:
16 Mal zu durchlaufender Rundkurs von 2,583 km und 767 m „Anlauf“ mit insgesamt 192 Höhenmetern, Zeitlimit 6 Stunden (wird ggf. großzügig gehandhabt).

Auszeichnung:
Urkunde aus dem Netz.

Logistik:
Keine Toiletten, keine Duschen. Dafür ausreichend Gesträuch…

Verpflegung:
Wasser, Zitronentee, Cola, Weingummi, Salzstangen.