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9. Rheinhöhenlauf am 20.09.2014


Er nagt an mir, der Zahn der Zeit…

Mittlerweile aus dem rheinischen Laufkalender nicht mehr wegzudenken ist der Rheinhöhenlauf als 3. Lauf des Siebengebirgscups (Malberglauf, Löwenburglauf, Rheinhöhenlauf, Siebengebirgsmarathon). Auch bei der neunten Ausgabe geht es wieder darum, als Einzelstarter über die 21,1 km bei angegebenen 363 Höhenmetern oder als einer von max. drei Staffelteilnehmern (5,6 – 10,4 – 5,1 km) bzw. die 10 km stöckchenziehend zurückzulegen. Im Startgeld enthalten sind ein schönes Laufhemd, eine süße Lebkuchenmedaille und Birkenstock-Badelatschen, je nach Anmeldezeitpunkt beträgt es 16, 18 oder 20 €, das ist sicherlich nicht übertrieben. Der Erlös geht als Spende an das Franziskus-Krankenhaus und damit tun wir Läufer auch noch etwas Gutes für andere.

Der Start findet vor dem Werk 1 von Birkenstock Orthopädie GmbH & Co. KG statt. Vorher haben wir genau dort unsere Startunterlagen erhalten, die Wechselklamotten werden zum Ziel gebracht und dort nach dem Lauf ausgegeben. Die Laufstrecke wird insgesamt als einfach bis mittelschwer, fast ohne steile Anstiege beschrieben. Der höchste Punkt befindet sich am Asberg (386 m), der niedrigste Punkt an der Barbarahütte (269 m). Ich laufe mich mit Gregor etwa eine Viertelstunde ein und fühle mich so einigermaßen gerüstet. Wenn man mal davon absieht, daß ich in den vergangenen vier Monaten fast nie länger als eine Stunde gelaufen bin mit Ausnahme eines Zwanzigers am vergangenen Wochenende, der auch noch deutliche Spuren im Geläuf hinterlassen hat.
 

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Nach einer Einführungsrunde auf dem Firmengelände verlassen wir den Firmensitz über den Radweg in Richtung Willscheider Berg und von dort vorbei am Vereinshaus Willscheider Berg in Richtung Bergstraße. Jetzt führt der Weg nach links. Ohne größere Steigung geht es über einen breiten Schotterweg nach Kalenborn. Ich freue mich riesig, einen meiner zuverlässigsten Unterstützer im Wahlkampf, Heinz Vogt, an der Strecke zu sehen. Klar, die Zeit habe ich, laufe zu ihm und begrüße ihn, das hat er verdient. Wir durchmessen die Bahnhofstraße (bei km 5) und überqueren an deren Ende die Landesstraße 256. Es ist schon witzig: Noch vor kurzem war ich hier an jedem Haus gewesen, um Werbung in eigener Sache zu betreiben, aber das ist als nunmehr zweiter Sieger schon alles Schall und Rauch.

Jetzt beginnt der Anstieg zum höchsten Punkt der Strecke, der bei 386 m etwas unterhalb des 440 m hohen Asbergs liegt. Am Testmast zur Prüfung der Windhöffigkeit für einen geplanten Windpark im Naturpark wird vehement protestiert, auch an anderen Orten regt sich deutlicher Widerstand. Schwieriges Thema. Klar, der Atomausstieg ist gesellschaftlicher Konsens, aber dann muß der Strom, den alle weiterhin haben wollen, aus anderen Quellen kommen, dazu gehört zweifellos auch die Windkraft. Nur, irgendwo müssen die Dinger halt stehen. Aber mitten im Naturpark? Hier scheiden sich die Geister.
 

Am Ende des langgezogenen Anstiegs erfolgt der erste Staffelwechsel. Bei km 5,6, unmittelbar hinter der Wechselzone, befindet sich auch die erste Verpflegungsstelle (die auf dem Rückweg auch die dritte bilden wird). Frisch gestärkt passieren wir nun den Asberg und es geht hinunter zur Kreuzeiche. Von dort führt die Strecke weiter über den Stellweg, der wie die meisten Wege sehr gut zu belaufen und vom Siebengebirgs-marathon wohlbekannt ist. Bei km 8,5 biegen wir links ab. Es geht nun Richtung Leyberg, den wir umlaufen. An der „Barabarahütte“ kommen wir zum tiefsten Punkt unseres Kurses. Auch wenn hier nach einem Brand vor ca. 5 Jahren keine Hütte mehr steht, so ist der Name für die Ortsbezeichnung geblieben. Unterwegs erwartet uns bei km 10,8 auch die zweite Verpflegungsstelle.

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Hinter der „Barbarahütte“ geht es links auf einen kurzen, aber steilen Anstieg. Zu gehen ist keine Option, ich beiße die Zähne zusammen. Die Bergaufpassage ist ca. 500 m lang und bringt uns Richtung „Auge Gottes“, einer attraktiven Kapelle mit aufgemaltem Auge, an der beim Siebengebirgsmarathon immer eine Verpflegungsstelle steht. Am トAuge Gottesモ laufen wir links in eine kurze, flache Passage. Nach 200 m geht es rechts auf einen 2,5 km langen Streckenabschnitt, der zwar nie steil, aber stetig bergauf führt. Entschädigt wird man mit der dritten Verpflegungsstelle bei km 15,95, die zugleich auch die erste war. Folglich findet hier – logistisch günstig - auch der zweite Staffelwechsel statt. Nun steht kein Anstieg mehr im Weg und es geht fast flach auf den letzten Kilometern in umgekehrter Richtung der ersten fünf km zum Ziel.
 

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Wir passieren erneut die L 256, durchlaufen wieder die Bahnhofstraße und nehmen nun den Radweg von Kalenborn nach Vettelschoß. Rechterhand liegt das damalige Musterhauszentrum des ehemaligen Fertighausproduzenten Streif, heute ist es ein attraktives Wohngebiet. Gefühlt hatte ich auch hier eine gute Resonanz beim Klinkenputzen, das Ergebnis war bekanntermaßen leider ernüchternd. Am Ortseingang in Vettelschoß biegen wir links ab und laufen auf dem Feinschotterweg, vorbei am Vereinshaus „Willscheider Berg“, zu einem wunderschönen Ausblick auf das Ziel in Vettelschoß. Schon können wir den Sprecher hören, aber noch liegt ein letzter Bergab-Kilometer vor uns. Rechts in die Straße „Am Walde“, dann links in die „Sonntagsstraße“, nochmals links auf den „Willscheider Weg“. Jetzt liegt das Ziel ca. 150 m vor mir und ich versuche, auch wenn es schwerfällt, mit entspanntem Gesicht einzulaufen. Das umso mehr, als Heinz erneut als Fan an der Strecke steht und von mir dankbar abgeklatscht wird.

Im Ziel erhalte ich ein Lebkuchenherz („Ich war dabei!“), Obst und Getränke, v. a. mein Lieblings-Zielgetränk aus dem Münchner Norden. Nach ausgiebiger Fachsimpelei löse ich abschließend meinen Schuh-Gutschein gegen ein Paar Badelatschen aus dem Hause Birkenstock (dem Hauptsponsor) ein. Das kommt mir sehr zu zupaß, denn deren vor fünf Jahren erlaufene Vorgänger habe ich nach dem Freiburg-Marathon blöderweise in der Dusche stehenlassen.

Mit 1:47:09 Std. bleibe ich auf die Sekunde genau fünf Minuten über meiner Zeit von 2009. Ich muß, ob mir das gefällt oder nicht, akzeptieren, daß der Zahn der Zeit in die ungeliebte Richtung zeigt: Ich werde bei gleichem Einsatz immer langsamer, auch wenn ich derzeit sicherlich nicht in optimaler Verfassung bin. Jetzt steht, darauf fühle ich mich quasi unvorbereitet, im Remstal der erste Marathon seit vier Monaten an. Ich bin wirklich gespannt darauf, ob und wie ich das überleben werde.
 

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