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2. Etappe des 1. Rheinsteig-Erlebnislaufs am 08.04.2006

 

Genuß mit einem Hauch von Ultra

2. Etappe des 1. Rheinsteig-Erlebnislaufs von Bonn nach Wiesbaden über insgesamt 320 km und 13.600 Höhenmetern zugunsten unheilbar muskelkranker Kinder am 08.04.2006.

„Rudolf Mahlburg veranstaltet den 1. Rheinsteig-Erlebnislauf als Benefizlauf für die Aktion „Benny & Co. e. V.““. Diese Information erreichte mich im Februar 2006 und sprach mich direkt an, denn Benny, der Namensgeber dieser Aktion zugunsten bisher unheilbar muskelkranker Kinder, wohnt in unserem Nachbardorf.

Als ich allerdings sah, was da auf die Teilnehmer zukommen sollte, verschlug es mir fast den Atem: Zwischen dem 07. und 14.04.2006 werden zwischen Bonn und Wiesbaden geradezu lächerliche 320 km in 8 Tagen bei schlappen 13.600 Höhenmetern absolviert... Klar, nichts für einen Normalläufer wie mich. Aber Rudolf bot auch die Teilnahme an Einzeletappen (zwischen 31,0 und 50,1 km mit 862 – 2.318 Höhenmetern) an und das schien doch schon wesentlich realistischer für mich zu sein.

Da ich mich ohnehin in der Marathon-Vorbereitung befand (auf den Oberelbe-Marathon in Dresden) konnte ich meinen langen Lauf am Wochenende zum Super-Longjog ausbauen. So lautete die Herausforderung auf der 2. Etappe: 42,9 km von Unkel/Scheuren nach Neuwied/Feldkirchen bei knapp 2.200 Höhenmetern. So etwas hatte ich allerdings noch nie gemacht. Und wenn man überlegt, daß 100 Höhenmeter 1 km Flachlauf entsprechen, konnte ich mir in etwa ausrechnen, was da auf mich zukommen sollte. Also: Pobacken zusammengekniffen, Spende überwiesen und angemeldet.

So stieß ich am 08.04.2006 gegen 08.45 Uhr in Unkel, dem letzten Wohnort des Alt-Kanzlers Willy Brandt, auf eine kleine Schar Unentwegter. 13 Läufer und 2 Läuferinnen hatten sich die komplette Strecke vorgenommen, dazu kamen 6 Etappenläuferinnen und – läufer. Um 09.00 Uhr ging es auf die Strecke. Was ich bisher zu sagen vergessen hatte: natürlich ist dies kein Wettkampf auf Zeit. Es geht ums Durchhalten für den guten Zweck. Anstrengend genug...

Klar war auch, daß es unterwegs keinerlei Verpflegungsstationen geben würde. Also musste alles, was man zu benötigen meinte, mitgeschleppt werden. Und so habe ich mir in meinem hohen Alter von 46 Jahren ;-) extra noch einen Trinklaufrucksack zugelegt. Ein tolles Teil, wie sich herausstellen sollte, saß wie eine „1“ und störte kein bißchen beim Laufen. 2 Liter Flüssigkeit konnten in der Blase mitgenommen werden und darüber hinaus war noch Platz für ein paar Kleinigkeiten wie Handtuch, Regenjacke, Riegel etc.

Das Wetter war günstig: nach bisher kaum spürbarem Frühjahr ließ sich die Sonne durchweg blicken, war aber bei bis zu 15° durchaus gnädig in Verbindung mit einem insbesondere auf den Höhen recht kühlen Wind.

Rudolf und seine Truppe trafen gerade die letzten Vorbereitungen. Presse war auch schon da, schoß eifrig Bilder und sammelte Informationen über Aktion und Lauf.

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Um 9.00 Uhr trabten wir los und fanden auch sofort den Einstieg in den Rheinsteig, der durch eine Vielzahl von Hinweisschildern gekennzeichnet ist. Unsicherheiten über die Wegführung sind selten und so führten uns die ersten Kilometer über die Stuxhöhe mit Wasserfall, Burg Vilzelt (eine ehemalige kleine Wasserburg im Unkeler Stadtteil Heister) und Orsberg auf die Erpeler Ley. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf den Rhein und die beidseitig noch stehenden Brückentürme der ehemaligen Ludendorff-Eisenbahnbrücke, die Erpel mit Remagen verband und den US-Amerikanern im 2. Weltkrieg (07. März 1945) nahezu unzerstört in die Hände fiel (die berühmte „Brücke von Remagen“). Auf diesem Plateau veranstalten unsere Freunde vom TuS Erpel alljährlich die gerne besuchten Oster- und Nikolausläufe. Nicht zuletzt konnten wir auch einen Blick auf Thomas Gottschalks neues Zuhause, Schloß Marienfels, werfen.

Nach einem kleinen Ausritt in die Geschichte führte der Weg weiter in Richtung Kasbach, wo der Weg unterhalb eines Viaduktes und hoch hinauf neben die Gleise führte. Die Kasbachtalbahn wird heute von der EifelBahn GmbH geführt und befördert mit einem alten Schienenbus Touristen vom Rhein auf die Höhe bei Kalenborn.

Über Burg Ockenfels liefen wir weiter nach und durch Linz, einem malerischen Städtchen mit wunderschöner alter Architektur. Es war lustig, sich zwischen den Einkäufern zu bewegen, die uns mit einigem Erstaunen und Kopfschütteln begegneten. Über weitere herrliche Aussichtspunkte ging es weiter über Dattenberg, Leubsdorf und wieder hinunter an den Rhein bei Ariendorf.

Wie ich schon erwähnte, ging es bei diesem Lauf nicht um das Erreichen von irgendwelchen Bestzeiten. So blieb immer Zeit, mal 1 oder 2 Minuten anzuhalten, die tolle Aussicht zu genießen und das eine oder andere Erinnerungsfoto zu schießen – ein Erlebnislauf eben. Steilere Anstiege wurden in zügigem Schritt bezwungen, denn die „Komplettläufer“ durften ja nicht zu viele Körner auf den ersten Etappen lassen, sondern wollten die 320 km wohlbehalten bewältigen und mit einem Lächeln auf den Lippen in Wiesbaden ankommen.

Auf dem weiteren Weg sollte sich zeigen, daß man unmöglich von Straßenkilometern auf Laufkilometer schließen konnte. Bekannte Entfernungen, die man am Rhein üblicherweise in kürzester Zeit zurücklegt, wuchsen sich aufgrund der Streckenführung und Topographie zu echten Herausforderungen aus. Wenigstens entschädigte uns der Anblick von Schloß Arienfels über den strapaziösen Anstieg. In Bad Hönningen streiften wir die Stadt und ein netter Anwohner öffnete seinen Wasserhahn, an dem wir unsere Wasservorräte auffüllen konnten. Nach einem langen Abstieg wurde vor der Kirche von Rheinbrohl (hier begann vor 2000 Jahren der Limes, der das freie Germanien vom römischen Imperium trennte) eine kurze Verschnaufpause eingelegt, bis alle wieder zusammen waren.

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Spätestens hier reifte mein Entschluß, der Gruppe etwas Gutes zu tun: Im nächsten Ort Niederhammerstein wohnt mein Freund Guido Emmel, ein Winzermeister mit Hotel- und Gaststättenbetrieb. Dort sollte doch ein kurzer Halt möglich sein? Aber zunächst galt es, wieder etliche Höhenmeter in einer großen Schleife zu bewältigen. So lange hatte ich noch nie von Rheinbrohl nach Hammerstein benötigt! Ganz oben angelangt, gab Bram, ein netter Holländer (der mir grinsend bestätige, gestern den „höchsten Berg Hollands“, den Drachenfels, erfolgreich bezwungen zu haben) richtig Gas und ich hinterher, so gut ich konnte. Am Ortseingang von Niederhammerstein platzierte ich ihn an der entscheidenden Wegkreuzung, um die anderen abzupassen und nachzuführen und lief voraus, um alles zu arrangieren.

Die Vorbereitungen waren in Minutenschnelle erledigt und als alle eintrafen, wartete auf jeden ein kühles Glas Lavet (Weißwein) ein ebensolches Wasser, stilvoll aus Amphoren ausgeschenkt. Schade, daß wir hier nach einer Viertelstunde schon wieder weiter mussten, denn es ließ sich auf der Terrasse in der Sonne hervorragend aushalten! Hier verabschiedeten wir auch 4 Mitläuferinnen, die sich „so 10-15 km“ vorgenommen hatten, aber tapfer fast 39 km mithielten. Respekt, Mädels!

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Richtig heftig wurde es dann noch einmal auf dem letzten Teilstück über Leutesdorf nach Feldkirchen/Neuwied. Knapp 43 km hatte Rudolf auf der digitalen Karte ermittelt, allerdings waren es in Hammerstein schon knapp 39 km geworden und es zog und zog sich. Zunächst ging es etwa einen Kilometer unmittelbar am gut gefüllten Rhein unterhalb der B 42 entlang. Gut, daß wir kein wirkliches Hochwasser hatten! Schwere Steilstücke waren danach mit jetzt doch schon müden Beinen zu erklimmen und wieder herabzusteigen. Schmale Steilpfade von teilweise nur 30 cm Breite und loser Steinauflage sowie unregelmäßige Stufen nötigten zu größter Vorsicht. Stellenweise halfen Stahlseile weiter, die zum Schutz der Wanderer angebracht waren. Dies hatte schon etwas alpinen Flair.

Da wir doch schon recht spät waren, wurde jetzt vorne noch einmal vergleichsweise Gas gegeben, denn in Feldkirchen warteten etliche Honoratioren schon seit einer Stunde, um ihren Respekt zu bekunden und der Aktion zu weiterer Publicity zu verhelfen: MdB Sabine Bätzing, MdL Renate Pepper, der Neuwieder OB, der Niederbreitbacher Bürgermeister (Wohnort von Benny) und etliche andere gratulierten den Läufern, die nach einigen warmen Worten der ebensolchen Dusche zueilten. Vorher war noch schnell ein Abschlussfoto geschossen worden und nach dem Duschen konnten sich die Läufer die müden Muskeln gratis von der Massagepraxis König aus Hausen (bei Niederbreitbach) massieren lassen. Ein schöner Service, der einen gelungenen Tag mit gut 50 km Strecke und 1.760 Höhenmetern (beides per GPS ermittelt) abrundete.

Fazit: Dies war mal etwas ganz anderes, als ich es sonst gewohnt bin. Üblicherweise wird auf Zeit gelaufen, was hier überhaupt nicht interessierte. Abgesehen vom guten (Haupt-)Zweck standen das Erleben und Genießen im Vordergrund. Wer läuft, weiß, daß das auch auf langen Strecken funktioniert. Ich bin mit Rudolf und Brigitte Mahlburg bestimmt nicht das letzte Mal gelaufen. Ihr könnt Euch unter laufend-helfen.de informieren, wann die nächsten Aktionen starten.

 

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