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40. Greifenseelauf am 22.09.2019


Rund um den "Grifesee"

Drei Halbmarathons innerhalb von 13 Tagen gab's bei mir auch noch nicht. Dem ersten, ganz langsamen auf dem Koblenzer Stadtkurs bei Elkes ersten 21,1 km folgte der Halbe während unseres Urlaubs am Ammersee. Und weil es am Wasser immer schön ist, heißt es heute wieder mal: Aller guten Dinge sind drei!

Die Freundschaft mit meinem Kollegen Eckbert bringt mir eine Wochenendeinladung zur Familie seines Bruders in die Schweiz nach Schwerzenbach ein. Der Greifensee liegt neben dem sehr viel größeren Zürichsee, besticht durch eine wunderbare Lage und beherbergt zudem den größten Volkslauf der Schweiz, dessen Austragung sich heuer zum 40. Mal jährt. Ein Grund mehr, diesen Klassiker zu absolvieren! Von 1980 bis 1985 betrug die Strecke 19 km und von 1986 bis 1991 19,5 Kilometer. Danach wurde die Strecke auf die Halbmarathon-Distanz (21,0975 km) verlängert, die auch heute ansteht. Bereits am Freitag haben wir auf der durchaus respektablen Laufmesse unsere Startunterlagen abgeholt. Respektabel ist auch durchaus die Startgebühr von guten 60 Franken (55 €), dafür gibt's allerdings u.a. ein gutes Shirt, eine Glastrinkflasche mit dem Lauflogo, magnetische Startnummernbefestigungen und die kostenlose An- und Abfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Gegenwert ist also sehr ordentlich.

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Mittags bestaunen wir am Schwerzenbacher Ufer die Darbietungen der Patrouille Suisse über dem Greifensee, die eine beeindruckende Flugshow zeigt.
 

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Der Start erfolgt in mehreren Wellen, die im Abstand von acht Minuten erfolgen. Wir haben uns für die dritte entschieden, die für eine Endzeit von ± 1:50 Std. geeignet ist. Genau das ist auch mein Ziel. Schon während der Startvorbereitungen in Uster (Start und Ziel) sucht jeder ein schattiges Plätzchen, denn 28 Grad in der reichlich vorhandenen Sonne versprechen einen heißen Tanz. Um 15:16 Uhr geht es dann auch pünktlich los und Eckbert ist bei ähnlichem Zeitziel sofort auf und über alle nicht vorhandenen Berge. Ich lasse ihn direkt ziehen, denn sein Tempo ist mir deutlich zu hoch. Im Schnitt eine km-Zeit von 5:10 min., das wäre es. Daß ich vor Jahren den Marathon schon unter 5 min/km gelaufen bin, ist inzwischen Kriegsgeschichte, altersgerechte Fortbewegung daher Trumpf.
 

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Freies Laufen ist fast sofort möglich, dennoch zügele ich mich ganz bewußt. Schnell haben wir das Stadtgebiet von Uster verlassen und kommen nach Greifensee, dem gleichnamigen Ort. Dort ist das Zuschauerinteresse noch ordentlich, doch nachdem wir auch dieses Dorf durchmessen haben, können wir uns weitestgehend ganz auf uns konzentrieren. Schön liegt linkerhand der See, als wir auf das Naturschutzgebiet zusteuern. Hier hat man glücklicherweise der ungezügelten Bebauung rechtzeitig einen Riegel vorgeschoben, so ist der See ein wunderbares Naherholungsgebiet geblieben. 3 km sind vorbei, wir tauchen in ein Wäldchen ein.
 

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Ausgangs steht recht betröppelt eine der schwarzen Gazellen, deren Rest Burkhard, Eckberts Bruder, hat aufnehmen können. Offensichtlich hat ihn eine Verletzung zur frühzeitigen Aufgabe gezwungen. Wer wie ich weiß, was ein vergleichsweise kleines, nicht gewonnenes  Preisgeld von vielleicht 1.000 € für die bedeutet, weiß sein Unglück zu bewerten. Ende Oktober werde ich mir u.a. in Eckberts Begleitung das Drama in Kenia wieder einmal live ansehen. Auf dem gekiesten Weg entlang des Seeufers durchs Naturschutzgebiet staubt es wie in Afrika hinter einer davonstürmenden Gnuherde. Da stehen Ruth und Burkhard bei ca. km 4,5 , fotografieren den grinsenden Helden und wundern sich bestimmt, warum Eckbert und ich so weit auseinandergezogen sind. Eine Minute Vorsprung hat der Kamerad zu diesem Zeitpunkt bereits garantiert.
 

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5 km sind nach 25:29 min. genommen, das sieht bisher sehr gut aus. Sehr gespannt bin ich, ob Eckbert das Tempo wird durchhalten können, gegönnt sei es ihm. Gemessen an seiner 1:46 ungerade beim Halbmarathon in Bonn ist das nicht unrealistisch. Etwa sechs km sind absolviert, als wir am Nordende des Sees einen U-Turn machen und auf der gegenüberliegenden Seite die Richtung wechseln. Nette Motivationsschilder lockern immer wieder auf und auch der Anblick der vor mir liegenden bunten Läuferschlange trägt zu meinem Wohlbefinden bei. Obwohl: Warm ist es schon, die Strecke verläuft fast ausschließlich ohne Schatten. Aber lieber so als im Dauerregen, keine Frage.
 

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Nicht zum ersten Mal werden wir verpflegt. Bekanntermaßen vertrete ich die Auffassung, daß Wasser beim Halbmarathon völlig ausreicht und jegliche Kalorienzufuhr unnötig ist. Trotzdem bediene ich mich hin und wieder des als “Marathon” angepriesenen Iso-Getränks. Wieder sehen wir das Wasser, ein Anblick, den ich ebenfalls bekanntermaßen sehr schätze. Schön, daß das Seeufer weitestgehend natürlich geblieben ist.
 

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Da - habe ich richtig gesehen? Nein, ich meine nicht Burkhard, der hier wie noch weitere Male den Paparazzo gibt, ich sehe doch etwas bekanntes Oranges vor mir? Ja, ich beginne auf Eckbert aufzulaufen. Nach dem zehnten km (51:12 min., ich liege bestens in der Zeit) sind wir wieder Seite an Seite. Aha, doch etwas überzogen! Vernünftig erscheint es mir auf jeden Fall, angesichts der Witterung nicht am absoluten Limit zu kratzen. Das wiederum hält mich aber nicht davon ab, nach einem kleinen Pläuschchen unter gleichbleibender Geschwindigkeit ganz langsam die Kurve zu kratzen. 53:43 min. zur Halbzeit wären am Ende nach Adam Riese eine knappe 1:48 am Ende. Na, den Tag lieber nicht vor dem Abend loben! Vom 1:50-Pacer ist jedenfalls noch nichts zu sehen.
 

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Und weiter stürmt die Gnuherde unter ordentlicher Staubentwicklung dahin. Zumindest, soweit wir uns nicht auf dem geteerten Radweg befinden. Na ja, so ganz langsam setzen mir Wärme und zunehmende km-Zahl doch etwas zu. Beruhigend ist es allerdings, daß ich so gut wie nicht überholt werde und eher meinerseits überhole. 15 km, fast drei Viertel, sind vorbei und ich bin zumindest nicht deutlich langsamer geworden: Knappe 1:17 stehen zu Buche.
 

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Ja, Umdrehen wäre jetzt echt beknackt, wie die junge Dame auf dem Schild verkündet, denn schon längst befinden wir uns wieder im Einzugsbereich von Uster. Erst auf dem Radweg, dann auf der Hauptstraße kommen wir an einen zweiten U-Turn, die Band macht leider gerade Pause. Die könnte auch ich mittlerweile gebrauchen, denn die Sonne entfaltet schon lange Wirkung bei mir. Noch bin ich im gewünschten Zeitrahmen, von den 1:50er Pacern ist weit und breit nichts zu sehen. Weit können sie allerdings nicht sein, wenn sie ihren Job ordentlich erledigen. Dann kommt der Hinweis auf einen Berg. Na ja, mal schauen, was sie uns da bieten werden, an Warnungen hat’s im Vorfeld jedenfalls nicht gemangelt.
 

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Das Publikumsinteresse nimmt wieder zu, die Lautstärke auch, nicht zuletzt aufgrund des segensreichen Einsatzes einiger Percussionbands. Ein roter Teppich suggeriert das nahe Ende, bestärkt durch einen Werbebogen, allein die Uhr zeigt noch keine zwanzig km an. Vollgas sollen wir geben, bekommen wir am Beginn des roten Teppichs gesagt. Hmmm, leichter gesagt als getan! Bergauf geht es jetzt in der Tat, allerdings nicht in besorgniserregendem Ausmaß, als rheinischer Westerwälder ist man ja schließlich berggestählt.
 

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Km 20 ist erreicht, das Ende in Sicht. 1:43:06 steht auf dem Tacho, da darf ich echt nicht nachlassen. Jetzt ist das Ende aber wirklich nah, Absperrgitter säumen den Weg, die Zahl der Werbebögen nimmt zu. Ah, die Stelle erkenne ich wieder: Es ist der dritte U-Turn, an ihm sind wir beim Anmarsch vom Bahnhof zum Start vorbeigekommen. Einmal drumherum, dann sind es noch zweihundert Meter. Da ist der Zielbogen und schon bin ich unter ihm hindurch. Puh, das warm und anstrengend!
 

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1:49:09 weist die Ergebnisliste später aus, das bringt mir Platz 1.576 von 4.187 gestarteten Männern ein. 43. von 164 in der M60 liest sich noch freundlicher, eine Punktlandung also. Nicht jedoch für den Zugläufer 1:50, der eine halbe Minute verspätet eintrifft. Noch schlimmer ergeht es den beiden Pacern für 1:45, denn die stolpern noch später ein. Also, das geht gar nicht. Wenn ich nicht deutlich schneller laufen kann als die Zielzeit, die ich verantworte, habe ich da nichts verloren. Blondie moderiert für einen lokalen Radiosender, aber als Interviewpartner bin ich offensichtlich zu uninteressant, weil langsam, alt oder wahrscheinlich beides zusammen. Wer weiß, ob ich die mit ihrem Schwiizertüütsch überhaupt verstanden hätte. Vielleicht doch besser so. Obwohl...

Darüber muß ich mich aber nicht lange grämen. denn schon ist Eckbert zwei Minuten später angekommen. Gemeinsam wird erst einmal in der Sonne, wasser- und Rivella-unterstützt, regeneriert und getrocknet, bevor wir uns auf den Weg zum Zug zurück nach Schwerzenbach machen. Dort wartet bereits ein gewaltiges Käsefondue auf uns, der kulinarisch perfekte Abschluß eines gelungenen Tages. Angeblich möchte man mich wiedersehen, kaum zu glauben! Mir fällt da durchaus noch der eine oder andere passende Lauf in akzeptabler Entfernung ein. Schau’n mer mal! Danke, Ruth, Burkhard, Anne und Eckbert für das schöne Wochenende!