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7. Ammersee Höhenweglauf am 14.09.2019


Patronin voller Güte, das Bayernland behüte!”

“Und Ihr nehmt tatsächlich während Eures Urlaubs an keinem einzigen Laufwettbewerb teil?” Ungläubiges Staunen herrscht in unserem Lauftreff, denn so etwas hat es in den letzten fast 20 Jahren noch nie gegeben. Denn meistens gibt die gewählte Veranstaltung den Urlaubsort vor. Diesmal nicht, denn die Gattin hatte freie Hand, diesen festzulegen. Doch der Gatte kann nicht anders, als heimlich sämtliche Laufkalender zu durchforsten. Und natürlich wird er fündig: In Schondorf am Ammersee, eine Autostunde vom Urlaubsort Kochel am See entfernt, wird zum siebten Mal der Ammersee Höhenweglauf ausgetragen: 10 km für die Dame, der erstmals angebotene Halbmarathon für den Herrn - paßt!
 

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Doch der Tag steht nicht nur im Zeichen des Laufs, nein, auch das Geistliche steht hoch im Kurs. So ist auch ein Besuch des ebenfalls am Ammersee gelegenen Klosters Andechs eingeplant. Nein, nicht zum Saufen! Doch zunächst fahren wir nach Schondorf und finden die Wirkungsstätte auch sofort. Mit die Ersten sind wir, die ihre Startnummern abholen. Bei der Gelegenheit haben wir viele Fragen, denn die Homepage des veranstaltenden TSV Schondorf geizt mit Details, auch der Flyer gibt nicht mehr her. Doch die nette Manu weiß alles: Umkleiden/Duschen im Keller des Sportlerheims, Parken am Straßenbeginn u.v.m., bei den Höhenmetern muß sie allerdings passen. Deutlich schlauer verlassen wir diese Stätte in Richtung Andechs. Von dort kehren wir gestärkt ob der Feier der Heiligen Eucharistie und geschwächt wegen der 213 Stufen in die Kirchturmspitze zurück. Und wieder haben wir etwas gelernt: Hier behütet die Patronin voller Güte das Bayernland, bei uns einfach allezeit ohne räumliche Einschränkung.
 

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Der nette Stefan aus München, unterstützt durch mehrere Stücke des reichhaltigen Kuchenangebots, verkürzt uns die restliche Zeit. Auch beobachten wir die Bambini- und Kinderläufe und erfreuen uns am gut angenommenen Luftballonwettbewerb. Dann geht es endlich los. Alle großen Läufer, egal, ob auf der 2-, 5, 10- oder Halbmarathonstrecke sowie die Nordischen Walker starten gemeinsam. So kommt doch ein ansehnliches Starterfeld zusammen. Die Zeitnahme erfolgt erstmals per Chip, was wohl auch den deutlichen Anstieg beim Startgeld verursacht: 12 € sind jeweils für unsere beider Läufe fällig. Aber erstens ist ein Baumwollshirt im Preis enthalten und zweitens, viel wichtiger, der Erlös kommt komplett dem vereinseigenen Spielplatz zugute. Wir flitzen über die Startgerade, biegen links ab und kommen auf der Bergstraße quasi durchs Oberdorf. Die ist Programm, denn schon gleich geht es stramm nach oben.
 

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Ein Wiesenweg führt uns zunächst kurz aus der Zivilisation hinaus, in die wir aber bald erneut eintauchen. Über den Teerweg kommen wir wieder flott voran. Ja, flott. Wie flott wird das heute werden? In Ermangelung eines Höhenprofils und der vagen Aussage “ziemlich flach” fällt eine Vorhersage schwer. Flach wäre im optimalen Fall eine 1:50 en vogue, bei welligem Profil muß ich als Ältester der 15 Halbmarathoner mit mindestens 1:55 rechnen. Unter zwei Stunden sollte es aber in jedem Fall bleiben. Da ist schon der erste km geschafft! Sagt das Schild, die Uhr weist gerade mal 810 m aus. Und das sollte sich fortsetzen, denn leider steht nicht ein einziges km-Schild halbwegs akkurat. Lag’s an einem falschen Plan oder hatte der Aufsteller schon zwei/drei Maß leckeren Andechsers intus? Völlig egal, die Strecke muß gelaufen werden und dank GPS und Uhr ist man unterwegs ja nicht mehr ahnungslos.
 

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Nach zwei Anliegerstraßen sind wir dann endgültig, von der Feuerwehr gesichert, in der Botanik. Die Kühe auf der Weide sind bei meinen Vorläufern in wilder Flucht, kaum bin ich dort, beruhigen sie sich wieder. Guter Einfluß wirkt sich eben aus. Der nächste Weg ist kiesig und damit haben wir bereits den dritten Untergrund unter den Füßen. Eine doch rutschige Angelegenheit, die meinen Plan, möglichst nah an einem glatten Fünferschnitt zu bleiben, ins Wanken geraten lassen. Weit kann ich übers Feld schauen und die Läuferschlange beobachten. Die nette Dame am ersten VP - es gibt einzig und allein Leitungswasser (richtig, weil völlig ausreichend) - freut sich über den fotografierenden Dödel. Ausgetrunken, weiter geht’s.
 

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Schnellen Schrittes nähere ich mich, den Kirchturm immer fest im Blick, wieder dem Dorf. Nanu, neigt sich die Runde schon dem Ende zu? Eine Wohnstraße vermittelt glatt diesen Eindruck. Aber nein, man führt uns wieder hinaus in die Wildnis.
 

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Am Marterl geht es rechts ab, der erste Halbmarathonläufer kommt mir entgegen. Ah ja, das muß die Begegnungsstrecke sein, die ich dem Streckenplan entnehmen konnte. Um eine Scheune führt der Weg, jetzt geht’s wohl wirklich zurück. Mein Plan der relativen Zurückhaltung beim Tempo beginnt sich auszuzahlen, denn ich kann einige Mitstreiter einsammeln, werde selber aber nicht kassiert. Ja, so ein alter Harung, der hat Erfahrung! Immer mehr Läufer müssen dem strahlenden Sonnenschein und der großen Wärme Tribut zollen, ich kann mit der Hitze sehr gut umgehen. Es läuft!
 

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Hmmm, sehr weit kann es nicht mehr sein, auch wenn es nach einem großen Maisfeld am zweiten VP nochmals in einen schönen Waldweg geht. Erste Zweifel überkommen mich, ob die Strecke wirklich die 10,6 km lang ist, wie mir der Chef im Vorfeld gesagt hatte. Ich hatte nämlich gefragt, wo denn die Zusatzschleife von 1,1 km zusätzlich zu den zwei Zehnerrunden verlaufe. Es gibt keine. Dann kommt erneut der Wiesenweg und ich weiß, daß es höchstens noch ein paar hundert Meter sein können. Die Uhr zeigt gerade mal neun km an. Zur Rechten sehe ich das Zielgelände, ich umrunde die Halbmarathon-Wendemarke und als ich das nächste Mal auf die Uhr schaue, belegt diese erst den zehnten km. Egal, weiter voran. Natürlich nagt das Wetter so ganz langsam auch an mir, was sich negativ am Tempo zeigt. Aber trotzdem geht es immer noch zügig auf dem gut markierten und an den entscheidenden Stellen durch Streckenposten tadellos gesicherten Weg voran. Am Wendepunkt der Scheune glaube ich erst mich verhört zu haben, als mir der Posten nach einem Blick auf mein Laufshirt nachruft: “Waldbreitbach an der Wied?” Und als ich das bestätige: “Da war ich schon mal!” Leider ist der Moment zum Nachhaken eher ungünstig, wahrscheinlich war er bei uns zur Reha. Richtig?
 

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Wirklich freue ich mich, als ich endlich mal übers weite Feld des Ammersees sehen kann, der dem Lauf doch letztlich seinen Namen gibt. Noch einmal haste ich den Wiesenweg hinauf und die Bergstraße hinunter. Eingebogen in den Zielweg macht es nach 1:40:54 Std. netto “Piep” und ein sensationelles Ergebnis ist im Kasten. Ok, ich bin leider nur 19,3 km gelaufen, ich muß ehrlich bleiben, auch wenn fast zweihundert Höhenmeter zu bewältigen waren. Der Chef ist ganz zerknirscht und gelobt fürs nächste Jahr Besserung. Und ich bin fair und rechne diese Zeit, für die mir 21,1 km attestiert werden, auch auf diese Länge hoch: 1:50:19 Std. ist wahrlich auch nicht von schlechten Eltern und machen wirklich Hoffnung auf den Greifenseelauf am übernächsten Sonntag. Über Platz 6 von 15 bin ich auch nicht unglücklich. Manu ist noch einmal ganz nett und tauscht unter dem Siegel der Verschwiegenheit mein zu großes Shirt in ein kleineres um. Ich schweige wie ein Grab, versprochen! Elke ist mit ihrem Zehner auch zufrieden und genauso kehren wir an den Kochelsee zurück. Wieder alles richtig gemacht! Auch Dank der Patronin, die voller Güte neben dem Bayernland auch uns behütete.
 

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