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16. Bergauf Brodenbach am 05.08.2023


Sprint in die Ehrenburg


„Wolfgang, findet nach dem Bärenkopplauf noch irgendein weiterer Lauf in akzeptabler Entfernung statt?“ Schier unersättlich sind sie, unsere Chinesen. Chinesen? Schon lange freuen wir uns auf Anns und Svens Besuch aus dem fernen Shenyang, dem kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum der nordostchinesischen Mandschurei. Ein gefühlter Katzensprung ist es von dort nach Nordkorea. Nach drei Jahren coronabedingter, erzwungener Enthaltsamkeit können sie erstmals wieder reisen und halten sich für sechs Wochen in Germanien auf. Der an einer kanadischen Schule tätige Lehrer und seine Frau sind begeisterte und schnelle Läufer, da nimmt man mit, was geht. Und so geht es eben, nur einen Tag nach unserem Bärenkopplauf (bei dem beide auf dem Treppchen standen), an die Mosel zum Berglauf nach Brodenbach.

Eigentlich ist das ein Bergläufchen, für Langstreckler quasi ein Sprint. Stolze 5,4 km sind zu überwinden, die es aber in sich haben: Zunächst sind in einem Oval knappe vier km fast flach im Ort, dann ortsausgangs leicht ansteigend zurückzulegen, dann geht’s ans Eingemachte, denn der Rest von offiziell 192 HM ist auf lediglich einem guten km Länge zu überwinden.
 

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Danach besteht die Herausforderung, sich auf den letzten 400 m steil abwärts nicht zu überschlagen, bevor das Ziel in der historischen, gut erhaltenen und restaurierten Ehrenburg erreicht wird. Das Ganze findet im Rahmen des alljährlichen Feuerwehrfestes statt, eine perfekte Symbiose. Wie bei einer großen Veranstaltung gibt es Umkleiden, getrennte Duschen, ein Wettkampfbüro, kurzum alles, was man sich als Läufer wünscht. Selbstverständlich auch ein Bierchen samt Currywurst zur Belohnung vor der Siegerehrung.

Vor 14 Jahren hatte ich hier schon einmal meine Visitenkarte abgegeben und finde außer dem Standort des Startzelts (jetzt neben der Straße, vorher darauf) alles unverändert, so wie ich es in Erinnerung hatte. Entgegen der Wettervorhersage findet der „Massenstart“ (53 Teilnehmer, 10 davon waren gestern noch beim Bärenkopplauf aktiv gewesen) bei bester Witterung um 19 Uhr statt. Flott empfand ich mich damals, nach 27:23 min war ich im Ziel gewesen. Was wird heute, 14 Jahre später, gehen? Damals lief ich den Marathon noch in Richtung 3:30 Std., was definitiv und nachhaltig vorbei ist.
 

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Im gefühlten Schweinsgalopp geht es erst leicht abwärts, scharf rechts um die Kurve leicht ansteigend, wieder scharf rechts und über den Start hinaus auf die zweite Runde. Das zweite Oval wird aber nur angedeutet, denn wir verlassen das pittoreske Moseldörfchen mit seinen knapp 700 Einwohnern auf der Landstraße in Richtung Ehrenburger Tal. Natürlich hat sich das Feld weit auseinandergezogen, was aber bekanntermaßen ganz normal ist. Sven weit voraus, ward er schon bald nicht mehr gesehen, Ann bleibt in Sicht-, aber nicht Reichweite. Die Nachhut bildet Elke, die sich erfreulicherweise zum Mitkommen und auch Teilnahme hat überreden lassen. Nach 3,8 km biegen wir von der Straße auf den Wanderweg zur Ehrenburg (1161 erstmals erwähnt), dann wird’s haarig. Wenn ich meiner eigenen Dokumentation trauen darf, bin ich im Jahre des Heils 2009 die komplette Steigung durchgelaufen. Daran ist heute jedoch nicht mehr im Ansatz zu denken, schon bald wird zwangsweise ein einigermaßen flotter Wanderschritt eingenommen.
 

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Von ganz kurzen, laufbaren Abschnitten abgesehen, geht es bedenklich kurzatmig nach oben. Doch bin ich in guter Gesellschaft, um mich herum geht es niemandem anders. Einen guten km später ist der höchste Punkt des Kurses erreicht. Steil bergab muß ich nun, kurz darauf sehe ich die Ehrenburg in voller Schönheit vor mir liegen und mit letzten langen Schritten bin ich fix und foxi im Burghof angekommen. Uff, das war ein hartes Stück Arbeit, wirklich ein Bergsprint. Erfreulich: Mit 29:50 min bin ich sogar unter einer halben Stunde geblieben, womit ich nicht gerechnet hatte. Die Wiederbelebung ist bereits abgeschlossen, als auch Elke stolz im Ziel angekommt. Nach einer eingehenden Burgbesichtigung (ohne Eintritt!) erreichen wir über tolle Trails auf verkürztem Weg bald wieder das Dorf. Frisch geduscht und gestärkt heimsen wir im Einzel und in der Mannschaft einige Flaschen Wein ein, die wir bei passender Gelegenheit gerne der Vernichtung zuführen werden. Wir verlassen zu später Stunde eine tolle Veranstaltung, die wirklich „etwas hat“ und uns vermutlich nicht zum letzten Mal gesehen hat.
 

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